#38: Gescheitert – und jetzt?
Shownotes
Endlich ihr eigenes Ding machen! Das wollte Martina Leisten und setzte voller Elan ihren Traum vom eigenen Café um. Doch der platzte schnell – nach einem Jahr blieb nur ein Schuldenberg.
Mit dem Tabuthema Scheitern ging und geht Martina Leisten auf ungewöhnliche Art um. Davon erzählt sie als Gast in Annemettes Studio. Erfahren Sie unter anderem:
Was Martinas Geschichte mit der Generation Praktikum zu tun hat
Was sie anderen, die ein Café eröffnen möchten, raten würde
Warum sie keine Einzelkämpferin mehr sein will
Wie sie den Versager-Mantel abgelegt hat
Mehr zu Martina Leisten: https://www.martinaleisten.com/
Buchtipp: Martina Leisten: „Voll verkackt! Wie ich auf ganzer Linie scheiterte und was ich daraus lernte“, 240 Seiten, mvg Verlag, 16,99 Euro.
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und wie sie auch als Buchautorin Menschen zu ihrer beruflichen Erfüllung verhilft
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Transkript anzeigen
00:00:03: Einsteigen und aufsteigen, der Karriere-Podcast für alle, die wollen, dass ihre Arbeit mehr als nur ein Job ist.
00:00:03:
00:00:18: Herzlich willkommen bei Einsteigen und aufsteigen. Wir reden über Menschen, die gerne wollen, dass ihre Arbeit mehr als nur ein Job ist. Und das ist auch wunderbar passend zu unserem nächsten Gast. Wir haben nämlich Martina Leisten zu Besuch, und die hat das geilste Buch aller Zeiten geschrieben, das heißt „Voll verkackt“. Dieser Titel hat mich umgehauen. Und was es damit auf sich hat, darüber reden wir gleich. Sie steht hier schon neben mir. Aber bevor wir das tun - letztes Mal hatten wir ja Monika Borchert da mit dem Thema Finanzplanung. Im Vergleich zu dem Thema heute eine ganz andere Richtung, auch wichtig. Wir versuchen, alles einzubringen, was wichtig ist. Also bei der Finanzplanung hab ich alles schon gemacht, mit Einnahmen, Ausgaben und alle Szenarien, die Monika immer durchgespielt hat. Wenn ihr da noch Fragen zu habt, Monika steht euch natürlich auch gerne zur Verfügung. Vernachlässigt das bitte nicht. Auch im Alter will man gerne sein Leben einigermaßen gut leben können. Okay, genug davon. Jetzt haben wir Martina hier und ein richtig spannendes Thema: Voll verkackt. Und sie stellt sich vor und erklärt auch gleich, was das mit dem Buch und dem Titel auf sich hat. Unser Profi.
00:00:18:
00:00:18: [00:01:49]. Ja hallo, ich bin Martina Leisten, 41 Jahre alt, komme aus Berlin und wie schon gesagt, das tolle Buch mit dem Titel „Voll verkackt. Wie ich auf ganzer Linie scheiterte und was ich daraus lernte“, habe ich vor kurzem rausgebracht. Es ist so, dass ich mit meinem großen Traum vom eigenen Café ja, sagen wir mal, richtig auf die Fresse geflogen bin. Ich bin pleite gegangen innerhalb kürzester Zeit, musste Insolvenz anmelden, und ich hab nie über das Thema Scheitern wirklich nachgedacht, da ich so ein Überflieger gewesen bin. Aber ja, meine Güte, ich hatte einen Traum. Ich habe mir einen Coach geholt, habe das geplant, realisiert, und das Letzte, woran ich dann dachte, war zu scheitern. Dass ich wirklich pleiteging, Insolvenz anmelden musste und über fast sieben Jahre damit leben muss, darum geht es in meinem Buch. Aber auch darum, wie soll ich sagen, immer wieder aufzustehen. Ich habe ja nicht in der Zeit nur zu Hause gesessen, Däumchen gedreht und gewartet, dass irgendwann die Restschuldbefreiung kommt. Sondern ich hatte immer das Gefühl, das kann noch nicht alles gewesen sein, zu scheitern und jetzt hier zu sitzen und mich schlecht zu fühlen. Und deswegen habe ich immer wieder neue Projekte in Angriff genommen, mehr oder weniger erfolgreich.
00:00:18:
00:03:08: Bist du denn jetzt nach wie vor selbstständig?
00:03:08:
00:03:11: Jein. Als Buchautorin ist man natürlich irgendwie selbstständig. Ich lebe aber tatsächlich gerade noch vom Staat, sage immer von Luft und Leberwurst, und habe jetzt das Glück, dass ich eine Weiterbildung zum systemischen Coach finanziert bekomme und hoffe, dass ich mich bald wieder selber finanzieren kann. Aber die Selbstständigkeit ist etwas, das mir sehr am Herzen liegt.
00:03:11:
00:03:34: Wieso hast du dich überhaupt selbstständig gemacht? Oder war das gar nicht der Traum von der Selbstständigkeit, der dich dahin gebracht hat?
00:03:34:
00:03:42: Das ist eine sehr, sehr gute Frage. Ich weiß noch, dass ich damals so das Gefühl hatte, in der Generation Praktikum frustriert zu sein. Ich habe einen Studienabschluss in Diplom-Sozialwirtschaft und Marketing und hab gedacht: Meine Güte, ich habe Berufserfahrung. Das kann doch nicht so schwer sein, einen Job zu kriegen und nicht von Volontariat zu Praktikum hin- und herzuhangeln. Das hat mich sehr frustriert. Da wollte ich einfach mein eigener Herr sein, mein eigener Boss.
00:03:42:
00:04:10: Okay, gut, das ist bei vielen natürlich die Überlegung, sich selbstständig zu machen, weil sie mit dem ersten Arbeitsmarkt nicht klarkommen, mit dem, was du jetzt an Erfahrung mitgebracht hast. Du triffst auf jemanden, der sagt: Ich möchte gerne ein eigenes Café, habe immer schon vom eigenen Café geträumt. Da gibt es bei uns auch einige. Was sagst du denen?
00:04:10:
00:04:33: Mein Enthusiasmus ist da mittlerweile etwas gedämpfter. Vor zehn Jahren hätte ich noch gesagt: Ja, geil, mache ich auch gerade, super. Jetzt würde ich sagen: Denk noch mal drüber nach. Nicht, weil ich gescheitert bin, sondern weil ich weiß, wie viel Arbeit dahinter steckt. Das wusste ich vorher auch schon. Ich hatte schon Gastronomieerfahrung, aber es kommt nicht wirklich viel bei rum. Man muss sehr, sehr viel investieren, nicht nur an Geld, sondern auch an Lebenszeit. Und da muss ich sagen, habe ich mittlerweile für mich gemerkt, dass es sich nicht so ausgewogen angefühlt hat. Ich würde nicht abraten. Ich würde aber jedoch sehr gründlich überlegen, bevor ich das tue, gründlicher, als ich es damals tat.
00:04:33:
00:05:14: Ja, ja, ich kenne hier in Hamburg auch ein Mädel, die hat auch ein kleines Café gegründet, vor Jahren.
00:05:14:
00:05:25: Es gibt eine Band, die hat ein Lied, und da ist eine Strophe drin: Sie träumt von ihrem eigenen Café, hat jahrelang ihr Geld zur Seite gelegt, damit sie ihr eigenes Café eröffnen kann. Als ich sie besuchte, frisch, nachdem es gegründet war, war sie immer nur am Arbeiten. Die hat nachts die Torten gebacken, die sie tagsüber verkauft hat. Ich habe die immer nur auf und ab rennen sehen.
00:05:25:
00:05:57: So ist es auch. Den Traum haben viele, und damit war ich eben nicht allein. Oder bin ich auch weiterhin nicht alleine? Und ich kann es auch immer noch nachvollziehen, weil es etwas mit Freiheit zu tun hat. Dieses Gefühl, so habe ich das mal beschrieben, den eigenen Schlüssel für den eigenen Laden in der Hand zu haben, das ist so ein grundsätzliches, schönes Gefühl der Selbstständigkeit. Aber wie du gerade gesagt hast: Was das wirklich an Stunden bedeutet. Und ich habe alleine gegründet. Das heißt, ich habe auch selber einkaufen müssen, die ganze Buchhaltung drumherum. Ich habe am Monatsende dagesessen und die Bons geklebt, über Stunden genau. Und das Backen, das Vorbereiten, das ist unglaublich viel Arbeit. Wie gesagt, ich würde da nicht von abraten. Man muss nur ein bisschen einschätzen können, was da auf einen zukommt. Bei mir war es tatsächlich leider so - es hätte ja auch anders laufen können - dass ich nur rein gebuttert habe, nur investiert habe. Und wenn man dann auch noch merkt, es kommt nichts zurück bei dieser vielen Arbeit. Ich sitzt da irgendwie 70 Stunden die Woche und mache und tue, ernte aber nichts außer Schulden dafür.
00:05:57:
00:07:01: Dann fühlt sich das nicht gut an. Nee, nee, das kann ich gut nachvollziehen. Wenn du jetzt mehr Kapital gehabt hättest, hättest du es vielleicht noch ein Jahr oder länger durchhalten können. Meinst du, damit wäre die Kurve gekommen? Ist es ein Durchhaltethema? Muss man so viel finanzielles Polster haben, um das durchhalten zu können? Hätte das zu einem anderen Ende geführt?
00:07:01:
00:07:26: Womöglich ja. Also, ich muss sagen, ich bin der festen Überzeugung, wenn ich mehr Rücklagen gehabt hätte… Es war nicht die Toplage, aber gerade im Kaffee baut man sich ein Stammpublikum auf, das braucht einfach Zeit. Mein Berater hat mir damals auch gesagt: Nach einem Jahr kann man frühestens absehen, wie es sich entwickelt, um dann weitere Prognosen zu tätigen oder zu sagen: Okay, ich ändere dies und das. Es wäre mir leichter gefallen, auch länger durchzuhalten, weil natürlich diese Schulden im Nacken und dieser ständige Druck, das hat es total erschwert für mich, mich überhaupt noch jeden Tag zu motivieren und dahin zu gehen und zu sagen: Okay, das hat noch Sinn - wenn man innerlich aufgegeben hat. Ich glaube, das ist das Schlimmste, nicht nur das Finanzielle, sondern die innere Kapitulation. Dann ist es schwer, das Ding weiter durchzuziehen.
00:07:26:
00:08:19: Hattest du zu diesem Zeitpunkt noch einen Sparringspartner, oder warst du da immer alleine mit dir selber unterwegs?
00:08:19:
00:08:39: Die Frage ist, ob ich jemals überhaupt einen Sparringspartner hatte. Klar, ich hatte den Coach, der hat mich auch betreut, er hat mich auch im Laden besucht. Er hat mich eigentlich fast über zehn Jahre mehrfach betreut. Aber ich habe schon fast alles mit mir selber ausgemacht. Es war tatsächlich so, dass ich am Anfang noch einen Partner hatte, der mir geholfen hat. Mit dem habe ich mich ausgetauscht. Wir haben uns getrennt, er ist ins Ausland gegangen, und auch mit Freunden war das jetzt nicht so, dass ich Tag und Nacht drüber geredet habe. Die haben das mitgekriegt. Aber die Entscheidung habe letztendlich ich selber getroffen. Nach dem Abwägen von Pro und Contra. Und da war es eigentlich schon sehr klar, wie es weiterlaufen wird, nämlich nicht.
00:08:39:
00:09:21: Ich war nur so neugierig, weil ich bin seit 20 Jahren selbstständig, habe mich am Anfang als Coach selbstständig gemacht. Jetzt machst du demnächst eine Coaching-Ausbildung. Ich habe mich vor 20 Jahren selbstständig gemacht. Aber wir waren erst zu viert, dann zu zweit. Du sagst es ein bisschen. Ich bin jetzt seit fast zehn Jahren mein eigener Herr, weil ich diese Konstrukte, wo andere Leute in andere Richtungen wollen, als extrem kraftraubend empfunden habe und es doch mehr Sinn macht, Kraft in die tatsächliche Sache zu stecken.
00:09:21:
00:10:04: Und ich habe in den Jahren, wo ich jetzt alleine verantwortlich bin, eine kollegiale Beratung gehabt. Vor ein paar Jahren muss ich sagen, da war ich eigentlich schon über den ersten Berg, es kam aber finanziell so wenig bei rum, dass ich zu meiner kollegialen Beratung sagte: Noch so ein Jahr, und ich mache den Laden zu. Und da sagte sie: Nee, du hast so viel auf den Weg gebracht, jetzt musst du noch ein bisschen Geduld mitbringen. Geduld ist ja nicht vorhanden. Und wenn ich nicht auf sie gehört hätte, hätte ich den Laden zugemacht. Und jetzt sehen wir echt so, wie die Knospe aufgegangen ist, so dass es das Dümmste gewesen wäre, was ich hätte tun können. Ich habe eine andere Freundin, die ist auch zehn Jahre selbstständig gewesen, alle zwei Jahre mit einer anderen Idee, weil sie immer dann wieder umgeschwenkt ist, weil der Erfolg nicht schnell genug eingesetzt hat. Und deswegen habe ich ja gefragt: Wo ist denn gefühlt dieser Moment? Ist es nach drei Jahren, ein Jahr, nach fünf Jahren?
00:10:04:
00:11:23: Ja, ja, ja, ja, das ist auf jeden Fall. Ich kann das voll nachvollziehen, was du gerade sagst. Und Geduld ist wirklich nicht meine Stärke. Obwohl ich andererseits sagen muss, dass ich sehr diszipliniert arbeiten kann, oder ob ich nun Torten gemacht habe oder das Buch schreibe und mich da jeden Tag akribisch hingesetzt habe. Aber was du sagst, ich weiß nicht, woran ich es festgemacht hätte. Um nochmal auf den Fall davor zu kommen. Also, wenn ich jetzt genügend Rücklagen gehabt hätte, ich glaube, für mich wäre dann der Erfolg eingetreten oder das Gefühl, etwas geschafft zu haben, wenn ich gewusst hätte, ich schreibe jetzt schwarze Zahlen. Ich glaube, das wäre dann für mich das erste Erfolgserlebnis gewesen, wo ich dann gesagt hätte: Ja, dafür hat es sich gelohnt. Aber dort zu sitzen, keine greifbare Entwicklung zu sehen, das ist das Schwierige. Und wenn ich nochmal gründen würde, dann mit Sparringspartner. Das finde ich auch wichtig, damit man sich nicht nur mit sich selbst im Kreis dreht und sich fragt: Reagiere ich jetzt über oder ist das vollkommen normal, muss ich jetzt Geduld haben? Das waren manchmal Punkte, da habe ich mich schwergetan zu wissen: Wo gilt es noch abzuwarten, oder wo muss ich den anderen Weg gehen, da das richtige Timing zu finden?
00:11:23:
00:12:46: Ja, kann ich super gut nachvollziehen. Und vor allem jemand, der sich wirklich auch bis ins Detail mit hineinversetzt, das habe ich wirklich als extrem wertvoll empfunden. Und deswegen finde ich das sehr, sehr mutig, sogar viel mutiger, dass du wirklich den ganzen Weg alleine gegangen bist.
00:12:46:
00:13:10: Aber ich hab da gar nicht so drüber nachgedacht. Damals hätte ich mir jemanden suchen müssen. Es war auch niemand da, mit dem ich das gemeinsam hätte machen können. Ich hatte Angst davor, über die Dekoration zu diskutieren. Heutzutage würde ich sagen: Okay, wenn ich zum Beispiel für den operativen Teil zuständig wäre und der andere für Werbung und Finanzierung oder Sonstiges, dann könnte ich mir das schon eher vorstellen. Aber vielleicht ist das so auch bisher mein Weg gewesen. Der Einzelkämpfer zu sein, ist nicht immer das Beste, wie ich selbst erfahren habe und wie man auch oft hört.
00:13:10:
00:13:45: Wie bist du denn auf die Idee gekommen, das Buch zu schreiben?
00:13:45:
00:13:48: Das ist so ein bisschen von selbst gekommen. Es gab schon mal so Ansätze. Ich habe ja tatsächlich auf der Fuck-up-Night gesprochen. Vor vier Jahren. Das ist ja eine Veranstaltung zum Thema Scheitern. Das war auch so ein Moment. Da hab ich durch Zufall von erfahren und dachte: Da hab ich doch was zu sagen! Ich hab mich gemeldet und wurde eingeladen und stand eine Woche später auf der Bühne. Und beim Buch war das so, dass ich über eine Bekannte, die auch ein Buch herausgebracht hat, über Depression, mir dann dachte, ich habe ja auch mein Thema. Warum soll ich da nicht auch einfach mal ein Buch drüber schreiben? Scheint ja Leute zu interessieren, solche Themen. Das klingt jetzt so bescheuert. Aber ich glaube, so sind manchmal diese Momente. Und um es kurz zu machen: Ich hab dann einfach den Verlag, bei dem ich jetzt bin, angeschrieben, und es hat geklappt. Wie ich nachher erfahren habe, ist das keine Selbstverständlichkeit. Das war super.
00:13:48:
00:14:50: Ja, okay. Dein Buch, du hast ja gesagt, das ist ein Buch über das Scheitern. Aber nicht nur, sondern worüber ist es noch?
00:14:50:
00:14:59: Na ja, es gibt auch schöne Momente in dem Buch oder so. Es geht nicht nur darum, dass ich jetzt beschreibe, wie ich gescheitert bin und wie schlecht es mir damit ging, sondern die Versuche, die ich angestellt habe, mich aus den Situationen zu befreien. Beispielsweise auch, vor allem, wie es mir damit erging. Wie fühlt sich Scheitern an? Was macht das mit einem mit der Seele? Ja, gerade wenn man ganz tief unten ist. Ich meine, ich habe Antidepressiva irgendwann geschluckt, die nichts gebracht haben. Ich hatte wirklich Suizidgedanken. Ich war immer jemand, der irgendwie stark war, auch nach außen. Ich habe das nie so nach außen getragen. Die meisten haben das nicht mitbekommen. Ich möchte vor allem über dieses Tabuthema sprechen, wie es einem geht, wenn man scheitert. Ja, vor allem darüber möchte ich in dem Buch sprechen. Oder auch mit anderen Menschen.
00:14:59:
00:15:53: Ja, ja, ja, ja, auf jeden Fall.
00:15:53:
00:15:58: Da kommt das Thema Selbstwertgefühl. Du hast dich über dein Ansehen definiert. Ich hab ja hier jeden Tag Menschen sitzen, die ihren Job verloren haben. Und die sehen das ja auch als ein Scheitern, weil wir uns über diese Funktion und die Rolle, die wir einnehmen, definieren, aber nicht über unseren eigenen Wert. Du bist ja nicht gescheitert. Ja, um Gottes willen, das ist ja dein Vorhaben, das nicht funktioniert hat. Aber du bist ja du, und du hast ja genau den gleichen Wert, den du auch davor hattest.
00:15:58:
00:16:40: Das ist wie wenn man einen 50 Euro Schein zertrampelt, zerknüllt, auf den Boden wirft und darauf herumtrampelt, Kaffee drüber schüttet.
00:16:40:
00:16:51: Der Schein hat nach wie vor den gleichen Wert.
00:16:51:
00:16:57: Der ist ja nicht gescheitert, nur weil er jetzt ein bisschen dreckig oder zertrampelt ist. Sich zu trennen von der Situation. Du bist okay. Du bist nicht gescheitert. Das Vorhaben ist gescheitert.
00:16:57:
00:17:17: Mir kommen gleich die Tränen. Ja, absolut. Genau darum geht‘s. Das hast du super auf den Punkt gebracht. Ich habe das auch so beschrieben. Ich habe mir den Versager-Mantel übergestülpt. Ich hatte auch so einen inneren Diktator, der immer gesagt hat, Du bist irgendwie das Allerletzte, du kannst gar nichts. Ich hatte irgendwann das Gefühl, ich bin keine gute Tochter, keine gute Freundin von niemandem. Es war schlimm, und ich glaube, das ist es. Und ich denke, dass es vielen Menschen so geht, weil man sich über das Außen definiert. Warum gibt's denn Instagram und den ganzen Quatsch? Wir wollen ja Anerkennung haben. Wir wollen auch über das Außen irgendeinen Wert oder irgendeine Erfahrung haben. Aber wie fertig mich das gemacht hat, so wie du es beschrieben hast. Diese Erkenntnis hat sehr lange gebraucht, und ich glaube, erst durch diese Erkenntnis konnte ich auch das Buch schreiben.
00:17:17:
00:18:10: Okay, ich denke für heute, für den Podcast, für den ersten Eindruck war das ein super Schlusswort. Hausaufgaben?
00:18:10:
00:18:22: Was ich immer mitgeben will, ist natürlich eine kleine Hausaufgabe. Einen Impuls für sich und die nächsten Tage, um darüber nachzudenken: Was bedeutet das jetzt für mich?
00:18:47: Was hast du mit? Ja, ich habe mir in der Tat schon ein paar Gedanken gemacht und dachte auch so: Ich guck mal, worüber wir sprechen. Jetzt bin ich gerade selber noch etwas sprachlos von diesem letzten Thema. Ich habe mir überlegt, gerade wenn es ums Scheitern geht, kann man sich einmal zum Beispiel wirklich das Worst-Case-Szenario überlegen, um sich auf das Scheitern vorzubereiten, indem man sich überlegt: Wie wäre es denn, wenn ich jetzt mit diesem Vorhaben scheitere? Was passiert? Was geht da in mir vor? Was wären die Konsequenzen? Das wäre das eine, aber das andere, was ich eigentlich noch viel schöner finde: Bei mir hat Scheitern viel damit zu tun, dass ich trotzdem nicht meine Träume aufgegeben habe. Und meine Hausaufgabe wäre ein Traum. Habt ihr den eigentlich noch in euch schlummern? Und vor allem: Warum lebt Ihr ihn nicht? Welche Ängste habt ihr, da mal wirklich darüber nachzudenken, gerade in Bezug auf das Scheitern? Dinge, vor denen man Angst hat. Was gibt es da noch in mir? Was ich verwirklichen will und wo ich vielleicht Angst vor habe?
00:18:47:
00:19:53: Ja, sehr schön. Und das muss man sich auch immer wieder vor Augen führen. Wenn man keine Träume mehr hat, dann ist das Leben zu Ende. Bei meiner Mutter ist letzte Woche eine aggressive Krebsform diagnostiziert worden. Und der Arzt fragte, ob mit 85 noch Chemo oder nicht.
00:19:53:
00:20:17: Und meine Mutter guckte ihn völlig entgeistert an, weil sie noch so viel vorhat. Sie hat noch so viele Träume und so viel, was sie noch erleben will und so weiter.
00:20:17:
00:20:35: Und die Frage hatte sich dann damit erübrigt. Man braucht immer noch Ziele und Träume und Wünsche. Das ist das beste Lebenselixier.
00:20:35:
00:20:46: So, ja, Mensch, das war jetzt ein ganz intensiver Podcast. Doch wieder ganz anders als sonst. Ich hoffe, es hat euch auch genauso gut gefallen wie mir.
00:20:46:
00:20:58: Vielen, vielen Dank, liebe Martina, dass du hier bei uns warst.
00:20:58:
00:21:04: Ja, und wenn ihr „Voll verkackt“ haben möchtet, Martina stellt ein signiertes Exemplar zur Verfügung, es erzählt uns die Geschichte vom Scheitern.
00:21:04:
00:21:16: Und da bekommt ihr ein signiertes Exemplar von Martina zugeschickt.
00:21:16:
00:21:23: Ja, dann freue ich mich, wenn ihr das nächste Mal wieder dabei seid. Danke!
00:21:23:
00:21:23: Unser Ausblick.
00:21:23:
00:21:33: Die nächste Folge haben wir Michelle bei uns und sie steht schon neben mir und stellt sich kurz vor.
00:21:33: Wir werden über nachhaltigen Kulturwandel im Unternehmen reden und wie der Kulturwandel, der definitiv unerlässlich ist, mittlerweile auch gelingen kann.
00:21:33:
00:21:57: Und warum ist er denn so unerlässlich? Das wird sie auch verraten. Und sie hat auch eine ganz spannende Aufgabe dabei. Welche das ist, verrate ich natürlich nicht. Deswegen freut euch auf die nächste Folge!
00:21:57:
00:22:20: Einsteigen und aufsteigen. Der Karriere Podcast mit Annemette ter Horst. Für alle, die wollen, dass ihre Arbeit mehr als nur ein Job ist.
00:22:20:
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